Panelsituation mit Moderator links und vier Panelistinnen zur Rechten
© GCES Jonas Walter

Gutes Design ist universelles Design. Universelles Design ist demokratisch.

Das war das Panel „Design für alle! auf dem German Creative Economy Summit in Hamburg

Zum nationalen Branchentreff der Kreativwirtschaft traf sich eben diese am 5. und 6. März zum zweiten „German Creative Economy Summit“ (GCES) unter dem Motto „Let’s join creative forces!“ in Hamburg auf dem alten Fabrikgelände Kampnagel, das jetzt kulturell genutzt wird.


Design für alle! – ein Panel in Kooperation mit dem Designforum Rheinland-Pfalz


Neben großen Namen wie Jean-Remy von Matt, Gründer von Jung von Matt oder Fränzi Kühne, Chief Digital Officer bei edding, trug auch die Geschäftsstelle Kreativwirtschaft gemeinsam mit dem Designforum Rheinland-Pfalz zum Programm des GCES bei. Im Jahr vor der World Design Capital 2026 Frankfurt RheinMain mit dem Titel „Design for Democracy. Atmospheres for a better life“, berichten wir zum Thema Universelles Design. Das Panel mit dem Titel „Design für alle! Gestalten für Diversität und Teilhabe“ machte deutlich: Gutes Design ist universelles Design und Universelles Design ist demokratisch.

Im Panel wurden mit dem inklusiven Tastspiel tilo von talking hands und der Kampagne gegen Hass im Netz „Scroll nicht weg“ der Medienagentur Kontrastfilm zwei passende und ausgezeichnete Projektbeispiele vorgestellt. Die zentralen Gedanken der Panelistinnen haben wir hier noch einmal zusammengefasst.

Memory Spiel als bunte Bauklötze, davor liegt eine Brille
© talking hands flipbooks

Partizipation als Teil des Gestaltungsprozesses

Ein herkömmliches Memory-Spiel ist mit beeinträchtigtem Sehsinn nicht nutzbar. Beim inklusiven Tastspiel tilo müssen Paare durch Ertasten gefunden werden, somit können mehr Menschen mitspielen, und zwar mit und ohne Beeinträchtigung. Das Tastspiel tilo von talking hands flipbooks mit Sitz in Frankfurt am Main wurde mit dem Hessischen Staatspreis für Universelles Design ausgezeichnet. Die Designerin Louisa Steinbach und die talking hands Gründerin Maria Möller berichteten im Gespräch mit Rolf Krämer, Referatsleiter für Start-ups, Kultur- und Kreativwirtschaft im Hessischen Wirtschaftsministerium, besonderes Augenmerk auf den partizipativen Gestaltungsprozess gelegt zu haben: Bereits der Designprozess sollte demokratisch sein, denn als Designerinnen und Designer sollte man mit und für die Menschen gestalten. Man solle sich gestalterisch frei machen, immer Neues erfinden zu wollen, rät Louisa Steinbach. Vielmehr ginge es darum, bereits Bestehendes zu verbessern und inklusiver zu gestalten.

Zwei Händchen haltende Hände
© Kontrastfilm

Barrierefreiheit ist kein Add-On

Hass im Netz ist eine Gefahr für unsere Demokratie und führt zu negativen Auswirkungen auf die Meinungsvielfalt unserer Gesellschaft. Die digitale Kampagne „Scroll nicht weg“ setzt daher ein Zeichen gegen Hass im Netz und für unsere Demokratie. Die Medienagentur Kontrastfilm aus Mainz wurde für die Kampagne mit dem Sonderpreis Demokratie des Designpreises Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Die Projektverantwortlichen Josefina Dittmer und Franzisca Fuchs berichten über die Herausforderungen im digitalen Raum von sich rasant verbreitenden Fake News, digitaler Zivilcourage und den international geltenden Richtlinien WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) zu Barrierefreiheit im Netz. Der Abbau von Barrieren sollte im Gestaltungsprozess kein Add-On sein, sondern vielmehr von Beginn an mitgedacht werden. Auch hier zeigt sich: Am besten gelingt dies, wenn Projekte mit der Zielgruppe entwickelt werden.

Zwei Männer auf der Bühne, einer spricht ins Mikro
© HA Hessen Agentur/ Geschäftsstelle Kreativwirtschaft

Für wen ist diese Welt gestaltet?

Ob Designer und Designerinnen Lösungen oder Barrieren erschaffen, fragte Prof. Dr. Tom Bieling, Experte für Universelles Design und Professor an der HfG Offenbach in seinem Impulsvortrag. 16 Prozent der Weltbevölkerung stoßen täglich auf Hindernisse in ihrer Umgebung[1]. Die Gestaltung der Umwelt, in der sich Menschen mit und ohne Beeinträchtigung bewegen, setzt den Rahmen für die Transformation zu einer inklusiven Gesellschaft. Designer und Designerinnen besitzen ein einflussreiches Tool: sie haben die Macht, wenngleich auch die Verantwortung für die inklusive Gestaltung ihrer Umwelt. Damit sind wir schnell bei der Frage, für wen diese Welt gestaltet ist. Einem Großteil der Gestaltung liegt immer noch der weiße, heterosexuelle, cis-gender, gesunde, und männliche Körper zu Grunde. Ein Beispiel: Wir kennen den Dummytest im Auto, der mit einem männlichen 175cm großen Körper durchgeführt wird, wodurch Frauen, kleinere oder beeinträchtigte Personen nicht berücksichtigt werden und somit einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sind, da Autogurte, Sitze und die gesamte Innenausstattung nicht für ihre Körper gemacht sind. Die Brücke zur Intersektionalität (mehrfach Betroffene) von Universellem Design baut sich von selbst: wenn die Gestaltung allgemein von einem Norm-Körper ausgeht, wie steht es dann um eben jene, die von dieser Norm abweichen? Und wer definiert Normalität und deren Abweichung? [1] Design für alle? Inklusive Gestaltung heute, Museum für Gestaltung Zürich

Vier Frauen sitzen im Panel, ein Mann moderiert
© GCES Jonas Walter

Die Frage nach Norm und Form

Die Normalität und die damit einhergehende Nutzung von Produkten, die für eine bestimmte Gruppe gestaltet wurden, grenzt aus. Design kann wunderbare Lösungen schaffen, Hilfsmittel für den Alltag. Es kann aber auch behindern, weniger Problemlöser als Problemerschaffer sein. Könnte man also sagen: Design schafft Behinderungen in der Umwelt? Die Wahrnehmung einer Behinderung ist zwangsläufig an die Gestaltungsfrage gekoppelt. Für wen wird also gestaltet? Design für alle oder Design für Jede/ Jeden einzelnen? Die Absenkung einer Bordsteinkante ist bspw. hilfreich für Rollstuhlfahrende, stellt aber eine Gefahrenquelle für Blinde dar. Wer denkt, Inklusion betrifft mich nicht, liegt falsch. Irgendwann kommt jede/r, direkt oder indirekt betroffen, an den Punkt auf eine barrierearme Umgebung angewiesen zu sein. Und daher sollten wir uns alle fragen: Was kann ich für mehr Inklusion tun?

Foto der Dachterrasse der Hessischen Landesvertretung in Brüssel
© Sebastian Mast

Together by Design

23. und 24. April in der Hessischen Landesvertretung in Brüssel

Das Thema Universelles Design wird im Rahmen eines Workshops bei der Veranstaltung „Together by Design“, zu der der Hessische Staatspreis Universelles Design in die Hessische Landesvertretung in Brüssel einlädt, gemeinsam mit dem World Design Capital Frankfurt RheinMain 2026 aufgegriffen und weiterführend diskutiert. Am 23. und 24. April in der Hessischen Landesvertretung in Brüssel. Zur Anmeldung: https://eu.hessen.de/event.php...

Quelle: Franziska Warnke, Geschäftsstelle Kreativwirtschaft
Veröffentlicht: 20.03.2025


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